30. November 2012

Sauberer letzter Dreck

Nur der Kunde zählt. So argumentieren Unternehmer und mein Chef. Das stimmt aber nicht. Es geht um die Kundenzufriedenheit. Nur um die Zufriedenheit. Der Kunde interessiert nicht. Wenn er nur zufrieden genug ist, auch morgen sein Geld locker zu machen, um eine Dienstleistung oder eine Ware oder beides in Anspruch zu nehmen, dann kann der Kunde auch an Krebs erkranken, es kümmert niemanden. Lieber ein unheilbar kranker Kunde, der Geld reinbuttert, als ein gesunder, der nur ab und zu seine Mücken lockert.

Zusätzlich gilt, dass die angebotene Ware oder Dienstleistung nicht einwandfrei sein muss. Sie muss nur gerade immer so gut sein, wie der Kunde bereit ist, sie noch zu konsumieren. Sie muss Ansprüchen genügen, sie nicht voll abdecken. Sollte der Kunde irgendwann mit Sägespäne zufrieden sein, gibt es eben künftig Sägespäne. Ist der Einstieg zur Zufriedenheit niedrig, so ergeben sich Sparpotenziale.

Wenn man den halben Tag am Steuer eines Wagens verbringt, macht man sich so seine Gedanken. Man überdenkt auch vorher selbstverständliche Dinge. Wenn ich den Weibern in der Schule das Zeug bringe, stelle ich mir vor, wie sie bleich und todesnah vor mir stehen und niemand bei uns in der Firma hätte Mitleid oder auch nur Interesse daran. Wichtig ist nur, das bezahlt wird. Andererseits sind diese Weiber auch nicht die Kunden, sondern nur Befehlsempfänger mit hässlichen Gesichtern und schrecklichen Umgangsformen.

Bevor ich allerdings am Steuer sitze, gilt es aufzuladen. Ich hieve dabei Thermoporte auf die Ladefläche meines Sprinters. Thermoporte sind Plastikkisten mit Heißluftgebläse, in denen der Fraß für die kleinen Scheißer in Edelstahlwannen abgestellt wird. Am Zielort stecke ich diese Kisten an den Strom, damit sich das Bukett der erlesenen Speisen auch entfalten kann. Es gibt verschiedene Touren. Bei manchen ist die Ladefläche überfüllt. Das hat insofern den Vorteil, dass sich alles derart verkeilt, dass nichts kippen kann. Wenn der Sprinter mit weniger beladen ist, dann ist der Preis für die Übersichtlichkeit das Risiko, dass gleich was umfällt und ausläuft und man mordsmäßig Ärger bekommt und nach der Tour auch noch Putzfrauendienst machen darf. Ich putze daheim nie, deswegen drücke ich mich davor auch im Job. Da bin ich konsequent.

Die Touren sind ausgeklügelt gestaltet. Meist geht es über die Dörfer in der Region und dem, was an der Region so angrenzt. Dörfer mit seltsamen Namen, die so unbekannt sind, dass sie die Einwohner selbst nicht zu kennen scheinen. Zeitdruck ist immer. Staugefahr allerorten. Manchmal ist man schon fünfzehn Minuten in Verzug und man gibt Gas, riskiert fotografiert zu werden, um nicht völlig verspätet anzukommen. Dann fährt man zehn Minuten raus, kommt gerade mal fünf Minuten zu spät und kann sich eine Standpauke einer dieser ungefickten Gouvernantenmösen anhören. Dass ich ihnen ihr Essen früher gebracht habe als ursprünglich, ist denen egal.

Selbst bei so genannten Minijobs macht man heute einen Arbeitsvertrag. Das ist chic und gibt einen den Eindruck von Rechtssicherheit. Ich habe auch so einen Vertrag. Drei Stunden Arbeit am Tag, Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit sind darin geregelt. Nichts davon stimmt oder ist gültig. Das ist kein besonderer Clou meines Chefs, sondern im Niedriglohnbereich absolut üblich. Als ich noch für einen Pizzaservice fuhr, war es auch nicht anders. Wer nicht arbeitet, selbst wenn er krank ist, bekommt kein Geld. Im Gegenzug bekomme ich die Stunden voll und geschwärzt ausbezahlt. Das sind monatlich mehr als die legalen 400 Euro, wenn ich denn fleißig erschienen bin. Das klingt natürlich fair, ist aber Scheiße, wenn man mal eine schlechte Lebensphase hat. Planungssicherheit hat man keine.

Keiner von uns Gestalten hat die. Wir sind an die zehn Typen. Die meisten älter als ich, manche jenseits der Sechzig. Statt auf einer geilen Oma zu kippeln, schleppen sie Kisten durch die Landschaft. Irgendwas läuft da mächtig schief. Einer von den Opas findet es gut, dass er arbeiten darf. Da kann er sich beweisen, sagt er. Er sei noch jung und agil und wolle etwas tun. So redet er sich die zwei Jahre bis zum Renteneintritt schön. Wenn mal einer so redet, geht es mit ihm nicht mehr lange. Andere fühlen sich als Verlierer des Fortschritts auf dem Arbeitsmarkt. Einer schimpft hinter vorgehaltener Hand, dass er normalerweise sozialversicherungspflichtig wäre, aber durch einen Minijob-Vertrag um seine Beiträge beschissen würde. Alle sind sie gefrustet, alle wissen sie, sie sind der letzte Dreck. Und alle waschen sie sich sauber die Hände vor Dienst und danach. Ich vermute stark, eine unterbewusste Handlung, um als letzter Dreck wenigstens etwas sauber zu sein.

7 Kommentare:

  1. Ihre Blogger-ID ist im Quellcode zu erkennen

    im Quellcode wird ebenfalls deutlich, dass dies kein privater Blog ist: isPrivateBlog': false

    entweder

    a.) Sie sind nicht sehr intelligent.
    b.) Sie sitzen ausserhalb Deutschlands.

    Falls a.)eintritt:

    Impressum rein. Sie haben Werbung drauf, daraus wird geschlossen, dass Sie Einnahmen haben. Sollten Sie befürchten, dass dies aus welchen Gründen rechtlich unvorteilhaft für Sie ist, dann lieber ganz weg mit dem Blog. Oder weg mit der Werbung.

    Grüsse,

    ein Mensch, der selbst vor soviel Dummheit und/oder Dreistigkeit staunt.

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  2. Ich hab einen Freund, der hat eine Website mit ungefaehr 80000 Zugriffen monatlich. Mehr als 15 € nimmt er an Werbung nicht ein. Also von wegen Einnahmen.

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  3. Die Höhe der Einnahmen ist völlig schnurz. Ob 0 Cent oder 15 €)

    Es reicht sogar nur eingebundene Werbung, Einnahmen hin oder her, mit der ein Abmahnanwalt Sie wegen fehlendem Impressum kostenpflichtig abmahnen darf (kann Sie lässig mal um 500 € kosten).

    Sollten Sie es mit dem Finanzamt zu tun bekommen, wird die Sache nicht nur finanziell, sondern auch noch rechtlich erst recht sehr bescheiden...

    Ob Sie das fair / lächerlich finden oder nicht. Das ist Gesetzeslage in Deutschland. Und der, der diese Domain angelegt hat, ist rechtlich für die Inhalte (und damit auch für die Werbung - ob Einnahme oder nicht) verantwortlich.

    Und wegen 15 € würd ich mir das überlegen. (Das scheint mir sogar noch verdammt hoch angesetzt, lassen Sie sich da bloß nichts vorgaukeln!)

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  4. deuru.com
    und das Problem ist gelöst, und dann tauchen auch keine Pseudoanwälte mehr auf.

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  5. Ich finde es auch immer wichtig zu sehen, wie zufrieden andere Kunden mit dem Produkt bzw. der Dienstleistungen sind. Diesbezüglich finde ich die Anzeigenvielfalt von Google sehr hilfreich. Doch sollte man sich immer über die Richtlinien informieren, da es sonst sehr kostspielig werden kann.

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  6. Vielen Dank für diesen gut formulierten und hilfreichen Artikel, der mir sehr bei der Recherche geholfen hat. Ich finde es sehr Schade das du nicht mehr Aktiv an deinen Blog arbeitest, da mir dein Schreibstil sehr gefällt.

    Liebe Grüße aus Hannover
    W. Wengenroth

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  7. Vielen Dank für Ihren Beitrag. Schade, dass Ihr Blog zu Ende ist, ich wünschte, ich hätte ihn früher entdeckt. Ich hoffe, es geht Ihnen gut!

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